Anlässlich der Europawahl 2014 haben wir eine Verständlichkeitsanalyse der österreichischen Wahlprogramme durchgeführt. Die meisten Parteien sind dabei nicht wirklich gut weg gekommen. Ein gefundenes Fressen für Journalisten: Leitmedien landauf, landab haben über unsere Studie berichtet, die wir im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien präsentiert haben. Als PR-Agentur ist das freilich unser Job. Aber ein Beitrag im ZIB Magazin ist selbst für uns keine Selbstverständlichkeit.
Im Techno-Z-Blog werde ich über PR-Maßnahmen schreiben, die funktionieren. Dabei werde ich einen relativ weiten Bogen spannen: Von klassischen aber immer noch erfolgreichen PR-Ansätzen zu relativ neuen und innovativen Wegen in die Öffentlichkeit, wie z. B. Storytelling, Content Marketing oder Newsjacking.
Für den Anfang ist ein Grundverständnis für die journalistische Arbeitsweise notwendig. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Tag als blutjunger Volontär in einer Wochenzeitung erinnern, als mir mein Chefredakteur die sogenannten „Nachrichtenfaktoren“ auf den Tisch knallte. „Das sind die Kriterien, nach denen wir unsere Nachrichten auswählen“, meinte er damals knapp. Für mich haben sie sich bis heute als verlässliches Navigationssystem dafür erwiesen, wie man als Unternehmer Schlagzeilen machen kann.
In unserem Buch „Die Online-Redaktion“ (Springer 2010) haben Thomas Holzinger und ich aus unserer Sicht wichtigsten Nachrichtenfaktoren etwas launig zusammengefasst:
Kulturelle Nähe: Was interessiert mich, wenn in Peking ein Chinarestaurant abbrennt? Wenn das Wirtshaus ums Eck in Flammen steht, bin ich alarmiert. Also: je weiter weg, desto unnötiger. Je näher, desto besser.
Persönliche Betroffenheit: War das Wirtshaus ums Eck meine einzige Ausspeisungsstelle, weil ich nicht kochen kann, dann hat das ganze schon fast tragische Dimension. Das Interesse steigt. Welcher Schurke hat mein Essen abgefackelt?
Anzahl der betroffenen Personen: Wenn die Bude leer war, ist das halb so wild. Dann ist der nächste Wirt nicht so weit, dass ich mit meinen gleichgesinnten Stammtischkollegen verhungern würde. Waren aber alle meine Freunde drin, dann heißt das was. Drei Schicksale (ich habe nicht so viele Freunde) machen mehr als ein kaputter Dachstuhl.
Negativität: Ein diskussionswürdiger Punkt. Im Prinzip ist es die Außergewöhnlichkeit. Weil das Unglück nicht normal ist. Natürlich. „Das Wirtshaus brennt“ steht im Riedersberger Amtsboten. „Das Wirtshaus brennt noch immer nicht“ ist hingegen keine wirkliche Sensation. Das bekommt sogar der Riedersberger Amtsbotenredakteur spitz.
Dramatik: Wenn der Schubauer Kurt im Klo eingeklemmt war und erst durch den beherzten Sprung der Wirtstochter Renate Aurelia durch die verschlossene WC-Tür gerettet wurde, in letzter Minute quasi, dann ist das schon was.
Prominenz: Und wenn statt des Schubauer Kurt der Bundespräsident beim Verrichten wichtiger Geschäfte heißt erwischt wird, ist das doppelt groß.
Überraschung: Wenn mein Wirtshaus täglich brennt, wird es irgendwann fad, aber nur dann, wenn die Ursache geklärt ist (der ungeschickte Wirtssohn Peter, der so gerne den Pfannkuchen auf dem Herd vergisst, wenn die Geliebte anruft).
Kontinuität: Das widerspricht der Überraschung ein bisschen, aber nur fast. Wenn ein Brandstifter in meiner Umgebung sein Unwesen treibt, dann schafft es jeder brennende Abfalleimer in die Riedersberger Provinzpresse. Die Kontinuität des Ereignisses – Brandstifter macht Gegend unsicher – steht über der tatsächlichen Auswirkung.
Konflikt: Selbstverständlich. Wenn das brennende Wirtshaus der Racheakt der geschassten zweiten Liebhaberin des Wirtssohnes Peter ist, gewinnt die Geschichte an Brisanz. Wir lieben Konflikte. Ob reich, ob schön, ob hart oder herzlich.
Kuriosität: Klar, wenn das Feuer von James Bond beim irrtümlichen Hantieren mit seinem Regenschirm verursacht wurde, ist das mehr wert als ein stinknormaler Kaminbrand.
Sexualität: Entschuldigung. Sex sells. Wenn der Wirt einen kleinen Puff im Hinterzimmer betrieben hätte, wäre alles noch viel toller.
Egal ob im Kundenauftrag oder für Eigenmaßnahmen: Wenn wir PR-Aktionen planen, schauen wir, ob eine Story genügend Nachrichtenfaktoren aufweist. Je mehr, desto besser. Das funktioniert immer. Wenn kein einziger Nachrichtenfaktor vorhanden ist, lassen wir lieber die Finger davon. Das wäre vergossene Liebesmüh.
Und nun als kleine Gedankenübung für Sie: Welche Nachrichtenfaktoren hatte unsere Wahlprogrammanalyse? So viel sei verraten: es waren mindestens fünf. Auf wie viele kommen Sie?
Martin Sturmer
afrika.info, Mediaclub, Techno-Z-Mieter seit 2001.
Im Blog beschäftige ich mich mit wirtschaftlichen Fortschritten in Afrika und erfolgreichen Maßnahmen für wirkungsvolle Kommunikation.
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Im Techno-Z-Blog werde ich über PR-Maßnahmen schreiben, die funktionieren. Dabei werde ich einen relativ weiten Bogen spannen: Von klassischen aber immer noch erfolgreichen PR-Ansätzen zu relativ neuen und innovativen Wegen in die Öffentlichkeit, wie z. B. Storytelling, Content Marketing oder Newsjacking.
Für den Anfang ist ein Grundverständnis für die journalistische Arbeitsweise notwendig. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Tag als blutjunger Volontär in einer Wochenzeitung erinnern, als mir mein Chefredakteur die sogenannten „Nachrichtenfaktoren“ auf den Tisch knallte. „Das sind die Kriterien, nach denen wir unsere Nachrichten auswählen“, meinte er damals knapp. Für mich haben sie sich bis heute als verlässliches Navigationssystem dafür erwiesen, wie man als Unternehmer Schlagzeilen machen kann.
In unserem Buch „Die Online-Redaktion“ (Springer 2010) haben Thomas Holzinger und ich aus unserer Sicht wichtigsten Nachrichtenfaktoren etwas launig zusammengefasst:
Kulturelle Nähe: Was interessiert mich, wenn in Peking ein Chinarestaurant abbrennt? Wenn das Wirtshaus ums Eck in Flammen steht, bin ich alarmiert. Also: je weiter weg, desto unnötiger. Je näher, desto besser.
Persönliche Betroffenheit: War das Wirtshaus ums Eck meine einzige Ausspeisungsstelle, weil ich nicht kochen kann, dann hat das ganze schon fast tragische Dimension. Das Interesse steigt. Welcher Schurke hat mein Essen abgefackelt?
Anzahl der betroffenen Personen: Wenn die Bude leer war, ist das halb so wild. Dann ist der nächste Wirt nicht so weit, dass ich mit meinen gleichgesinnten Stammtischkollegen verhungern würde. Waren aber alle meine Freunde drin, dann heißt das was. Drei Schicksale (ich habe nicht so viele Freunde) machen mehr als ein kaputter Dachstuhl.
Negativität: Ein diskussionswürdiger Punkt. Im Prinzip ist es die Außergewöhnlichkeit. Weil das Unglück nicht normal ist. Natürlich. „Das Wirtshaus brennt“ steht im Riedersberger Amtsboten. „Das Wirtshaus brennt noch immer nicht“ ist hingegen keine wirkliche Sensation. Das bekommt sogar der Riedersberger Amtsbotenredakteur spitz.
Dramatik: Wenn der Schubauer Kurt im Klo eingeklemmt war und erst durch den beherzten Sprung der Wirtstochter Renate Aurelia durch die verschlossene WC-Tür gerettet wurde, in letzter Minute quasi, dann ist das schon was.
Prominenz: Und wenn statt des Schubauer Kurt der Bundespräsident beim Verrichten wichtiger Geschäfte heißt erwischt wird, ist das doppelt groß.
Überraschung: Wenn mein Wirtshaus täglich brennt, wird es irgendwann fad, aber nur dann, wenn die Ursache geklärt ist (der ungeschickte Wirtssohn Peter, der so gerne den Pfannkuchen auf dem Herd vergisst, wenn die Geliebte anruft).
Kontinuität: Das widerspricht der Überraschung ein bisschen, aber nur fast. Wenn ein Brandstifter in meiner Umgebung sein Unwesen treibt, dann schafft es jeder brennende Abfalleimer in die Riedersberger Provinzpresse. Die Kontinuität des Ereignisses – Brandstifter macht Gegend unsicher – steht über der tatsächlichen Auswirkung.
Konflikt: Selbstverständlich. Wenn das brennende Wirtshaus der Racheakt der geschassten zweiten Liebhaberin des Wirtssohnes Peter ist, gewinnt die Geschichte an Brisanz. Wir lieben Konflikte. Ob reich, ob schön, ob hart oder herzlich.
Kuriosität: Klar, wenn das Feuer von James Bond beim irrtümlichen Hantieren mit seinem Regenschirm verursacht wurde, ist das mehr wert als ein stinknormaler Kaminbrand.
Sexualität: Entschuldigung. Sex sells. Wenn der Wirt einen kleinen Puff im Hinterzimmer betrieben hätte, wäre alles noch viel toller.
Egal ob im Kundenauftrag oder für Eigenmaßnahmen: Wenn wir PR-Aktionen planen, schauen wir, ob eine Story genügend Nachrichtenfaktoren aufweist. Je mehr, desto besser. Das funktioniert immer. Wenn kein einziger Nachrichtenfaktor vorhanden ist, lassen wir lieber die Finger davon. Das wäre vergossene Liebesmüh.
Und nun als kleine Gedankenübung für Sie: Welche Nachrichtenfaktoren hatte unsere Wahlprogrammanalyse? So viel sei verraten: es waren mindestens fünf. Auf wie viele kommen Sie?
Martin Sturmer
afrika.info, Mediaclub, Techno-Z-Mieter seit 2001.
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